Das Brot ja, der Bäcker nein: Über die politischen Hürden der Expansion im Einzelhandel

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Wir sind es mittlerweile gewohnt, Lebensmittel zu nahezu jeder Zeit und vor allem direkt vor der eigenen Haustür einzukaufen. Ob das Brötchen am Sonntag oder das Gemüse kurz vor Ladenschluss: Alles ist innerhalb weniger Gehminuten verfügbar. Vor allem in unseren Städte. In den vergangenen Jahren haben wir viele deutsche Einzelhändler in ihrer Expansion kommunikativ und strategisch begleitet. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir drei wesentliche Hürden identifiziert, die in der Expansion umschifft werden müssen.

Hürde 1: Der Bürger

Während wir alle gerne möglichst fußläufig einkaufen, wollen wir möglichst von den negativen externen Faktoren mitkriegen. Vereinfacht ausgedrückt: Ich will die Brötchen, aber den Bäcker mit seinen Maschinen, Lärm und Gerüchen kann mir gestohlen bleiben. Einmal mehr beweist das Bürgertum hier einen schizophrenen Charakter.

Die größte Problematik für stationären Einzelhandel im Dialog mit den Bürgern ist die Verkehrsthematik. Handel lebt per se von der Interaktion zwischen Personen. Und diese Interaktion manifestiert sich meist in einem hohen Verkehrsaufkommen.

  • Anlieferung und Logistik: Ein durchschnittlicher Supermarkt wird jeden Tag mit zwei bis vier LKW-Ladungen beliefert, in aller Regel am frühen Vormittag und am Abend.
  • Besucherverkehr: Je urbaner bzw. innerstädtischer die Lage, desto geringer der Anteil der Kunden die mit dem eigenen Fahrzeug kommen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Ansiedelung von neuem Einzelhandel durchaus skeptisch gesehen wird. Denn wer will schon ein dichteres Verkehrsaufkommen vor dem eigenen Schlafzimmerfenster? Hinzu kommt, dass sich die Einzelhandels-Infrastruktur bisher mehrheitlich nicht durch hohen gestalterischen Geschmack ausgezeichnet hat. Zweckbauten mit viel versiegelter Parkraumfläche – allzu oft wird ein neuer Supermarkt als Fremdkörper in der urbanen Umgebung empfunden.

Mehr als andere Projektentwickler müssen die Expansionsleiter im Einzelhandel also die Verkehrsthematik berücksichtigen. Immer öfter haben in der jüngeren Vergangenheit die Bürger versucht, neue Supermärkte aus den eben geschilderten Gründen zu verhindern. Als Beispiele seien die Orte Eichenau (Landkreis Fürstenfeldbruck), Roth oder Erlenbach (Landkreis Miltenberg) genannt.

Hürde 2: Der Wettbewerb

Der deutsche Lebensmittel-Einzelhandel ist satt. Allein die vier größten Anbieter Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) sowie Aldi teilen sich fast 70 Prozent des Marktes untereinander auf. Insgesamt gibt es laut Schätzungen über 55.000 Lebensmittel-Geschäfte: großflächige Märkte, Supermärkte und Discounter. Dementsprechend hoch ist der Wettbewerb um die noch verfügbaren und geeigneten Flächen, besonders im hoch verdichteten und urbanen Raum der deutschen Städte. Wer Fehler macht, öffnet seinem Konkurrenten unmittelbar Tür und Tor. Und ein angekratztes Image schadet der Expansion doppelt – schließlich sprechen sich innerhalb Politik und Verwaltung eines Landkreises oder Regierungsbezirks Good-Practice und Bad-Practice eines Anbieters schnell weiter.

Hürde 3: Das Baurecht und die Politik

Ein Bebauungsplan ist kein Wunschkonzert. Schon gar nicht im Jahr 2016. Vor allem wenn es um die Ausweisung eines SO-Gebietes geht, kann ein Verfahren oft lange und mühsam sein. Besonders in kleineren Städten gestaltet sich ein solcher Prozess manchmal als doppelt schwierig – denn die Verwaltungen sind vielerorts mit komplexen Themen wie Einzelhandels-Entwicklung und Stadtplanung überfordert. Mischen sich dann auch noch die Bürger ein, kann die Entwicklung vollends zum Stillstand kommen.

Ähnlich verhält es sich mit der Politik. Mandatsträger werden von Wahlterminen getrieben, und langfristige Entwicklungen werden oftmals zu Gunsten kurzfristiger Entscheidungen geopfert. Auch zu Lasten des betroffenen Einzelhandels. Dann kommt es trotz intensiver Vorgespräche doch zu keinem Abschluss – und viele Planungskosten- und Mühen waren umsonst.

Wenn Sie die Gefahr einer oder mehrere dieser Hürden in Ihrer Projektentwicklung sehen, können wir Ihnen helfen. Zu unseren Mandanten gehören bundesweit tätige Discounter, Vollsortimenter und Möbelhändler. Profitieren auch Sie von unserer Erfahrung!

Beitragsbild: (c) Jim, Wikicommons

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